Heute haben wir einen ganz besonderen Gast im Interview: Stefan Reutter, Experte für Selbstentwicklung. Er erklärt uns, was die PERMA-Formel der positiven Psychologie ist und wie man sie anwendet und verrät uns seine besten Tipps zu den Themen Netzwerken und mentaler Umgang mit Krisensituationen.
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Ja, ich erlebe in der Krise gerade zwei Dinge: Wir werden ja förmlich aus der Komfortzone gerissen – ein Teil kann unglaublich gut mit den neuen Herausforderungen umgehen, während ein anderer Teil überfordert ist. Eine aktuelle Umfrage hat gezeigt, dass 70% der Leute die Krise nutzen wollen, um in irgendeiner Form zu wachsen – was ich sehr spannend finde, denn das ist genau der richtige Ansatz. Eine Krise erinnert mich immer an eine alte, psychologische Formel des Psychologen Martin Seligman, namens PERMA, die ich im Rahmen meiner kommunikationspsychologischen Ausbildung lernen durfte. Ich glaube, das ist eine schöne Formel, die in Krisen sehr hilfreich sein kann:
Das P steht für „Positive Emotions“. Hier geht es darum, jeden Tag drei Dinge zu tun, von denen man am Abend sagen kann: „Das ist heute gut gelaufen“. Die Dankbarkeit, über die so viel geschrieben und gesprochen wird, spielt dabei eine ganz große Rolle. Wir müssen uns auch anerkennen, was gut läuft – denn in so Phasen der Krise tendieren wir stark dazu, nur auf das Negative, was eben nicht gut läuft, zu schauen. Wir müssen aber den Fokus auf die positiven Dinge in jeder Situation richten.
Ich glaube was auch wichtig ist, ist dass man sich täglich etwas vornimmt. Dass man sich wirklich sagt: „Das möchte ich heute schaffen.“ – und das können einfache, banale Dinge oder Gespräche sein, man muss jetzt kein riesen Projekt starten. Sagen Sie sich selbst einfach: „Heute nehme ich mir folgendes vor…“ und schauen dann hinterher, wie das funktioniert hat und was Sie davon gelernt haben. Ausschlaggebend ist hierbei wirklich die Grundhaltung: „Was darf ich jetzt lernen?“ – denn wenn der Fokus auf Erfahrung und Erkenntnis gerichtet ist, sieht man plötzlich auch Wert in Situationen, die vielleicht nicht ganz so aussehen, wie man es sich vorgestellt hatte.
Ja, und das ist auch das Schöne in der PERMA-Formel, dass sie vielfältig einsetzbar ist: Wir haben zum einen die positiven Emotionen, der zweite Punkt ist E wie Engagement – also sich engagieren. Das ist super wertvoll, denn alleine sich zu fragen: „Wofür kann ich mich einsetzen? Was kann ich wertvolles tun? Wie kann ich mich für andere engagieren?“ – das herauszufinden, trägt auch wieder zu positiven Emotionen bei.
Neulich hatte ich ein tolles Gespräch mit einem Vertriebler, der sich beklagte, dass gerade Vertrieb zu machen im Moment nicht so rund läuft und ich hab zu ihm gesagt, wenn wir mal den Fokus darauf legen, was wir gutes tun können, wie wir uns für die Gesellschaft engagieren können, dann resultiert das in einer sehr hohen Kraft, mit der wir dann wieder arbeiten können. Antoine de Saint-Exupéry sagte mal sehr schön: „Wer nur um Gewinn kämpft, erntet nichts, wofür es sich zu leben lohnt.“ – ich glaube, das kann für jeden noch mal so ein Ansporn sein, sich zu engagieren.
„Wer nur um Gewinn kämpft, erntet nichts, wofür es sich zu leben lohnt.“
Antoine de Saint-Exupéry
Genau indem ich vom PERMA das R für Relationships nutze: Mit dem Anderen in Beziehung gehen. Andere Menschen sind jetzt wichtig und da bin ich natürlich auch beim Netzwerken: Man muss viel telefonieren, den Kontakt herstellen… Wir Menschen sind soziale Wesen und ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir diese Verbindungen nicht verlieren. Ganz im Gegenteil, wir sollten diese gerade jetzt vertiefen. Ich sage immer so liebevoll: Wenn du zu einem Menschen eine gute Beziehung hast, kannst du diese jetzt vertiefen, und wenn du zu jemandem noch keine hast, kannst du jetzt die Gelegenheit nutzen, sie aufzubauen.
Das M steht für Meaning, also für Sinn oder Sinnhaftigkeit. Klassisch wäre das der Glaube. Das ist, denke ich, etwas ganz wichtiges, dass wir unseren Blick auch etwas hinter die Krise richten und uns überlegen: „Was kommt denn danach?“. Denn das ist ein schöner Gedanke, weil ich jetzt ja überlegen kann: „Was mache ich jetzt, damit ich hinterher eine noch bessere Version von mir selbst bin?“ – also den Blick wirklich nach hinten legen. Chancenblick würde ich dazu sagen, das ist ein schönes Wort, denn das was ich jetzt mache, gibt mir sofort einen höheren Sinn für die Zukunft.
Das A steht für Accomplishment oder Achievement. Da geht es darum, sich wirklich konkrete Ziele vorzunehmen, ähnlich wie du es zuvor mit der Struktur abgesprochen hast, sich Tagespläne oder Routinen anzulegen. Hier muss man sich bewusst machen, was man erreichen will und erstellt einen Plan, wie man dort hin kommt. Für mich ist das eine schön Symbolik um auch wirklich ins Tun zu kommen.
Zunächst sollte man im engsten Kreis beginnen und probieren, sich zu entfalten. Es ist schon wichtig, dass wir mal aktiv in Kommunikation gehen mit unseren Vertrautesten und da ein gewisses Selbstbewusstsein entwickeln, das wir dann immer mehr ausbreiten. Ich würde da wirklich in kleinen Schritten arbeiten. Wir kennen alle Menschen, die sehr sensibel und vorsichtig sind. Oft meint man, fürs Netzwerken muss man der wahnsinnig offene Kommunikator sein, aber ich glaube, es ist schon gut, in Beziehung zu gehen. Dazu muss man allerdings innerlich bereit sein, das zu machen. Ein guter Anfang könnte sein, einfach mal darüber nachzudenken, sich zu fragen: „Was macht das mit mir?“ – um dann mit dem Anderen in Beziehung zu gehen.
Guter Punkt, die innere Bereitschaft – für sich selbst muss man dazu ja meist einen Sinn erkennen. Netzwerken birgt ja viele Vorteile: Man erfährt neue Dinge, lernt interessante Menschen kennen, erweitert seinen Horizont… in einem späteren Schritt macht man vielleicht auch Geschäfte – aber das ist nicht das Wichtigste – man muss die Vorteile darin sehen, neue Menschen kennenzulernen. Was wären denn deine drei besten Tipps, um die Krise zu meistern?
Ich glaube der erste wichtige Tipp für die Krise lautet: Annehmen wie es ist. Wie sagt man so schön, es ist eine unabänderliche Realität, wir machen Sie jetzt eh nicht weg. Damit muss man sich abfinden.
Also haben wir die Möglichkeit zu entscheiden, wie wir damit umgehen. Immer, wenn dir eine Situation nicht gefällt, weil du sie auch nicht verursacht hast, dann ist es noch mal wichtig, sich zu fragen: „Wie kann ich jetzt damit umgehen?“ – und diese Wahlmöglichkeit haben wir. Ich kann damit jetzt in Konflikt gehen und schlecht drauf sein oder ich kann konstruktiv mit dem umgehen, was gerade passiert und versuchen, das Maximale für mich herauszuholen und für die Zukunft zu gewinnen. Es ist wichtig, da kurz inne zu halten und eine klare Entscheidung dafür zu treffen.
Der dritte wichtige Tipp ist, diese PERMA-Formel auch wirklich anzuwenden. Vor allem den Blick darauf zu legen, was wir jetzt aus dieser Situation lernen können. Weil der OptiMIST ist der einzige Mist auf dem irgendwas wächst 🙂
Du hast zu Beginn erwähnt, dass 70% der Leute in dieser Zeit wachsen wollen – viele Menschen investieren ja auch gerade jetzt in ihre Weiterbildung und Entwicklung – was ja auch für uns jetzt ein Vorteil ist, dass die Bereitschaft, etwas zu verändern steigt und Menschen auch mehr an ihrer Online-Präsenz und Wirkung arbeiten wollen. Wenn es um die Wirkung geht, was sind deine 3 besten Tipps, um beim Netzwerken einen starken Auftritt hinzulegen?
Ich fange gleich mit einem passenden ersten Tipp an: Einfach mal anfangen. Ich halte es für so wichtig, dass ich einfach mal beginne, zu kommunizieren. Manchmal reicht ja schon, dass ich jemanden anschaue oder freundlich lächle – wir müssen in Bewegung kommen. Entweder mimisch, präsent sein und diese Präsenz ausstrahlen, zu zeigen: „Ich bin bereit, mit dir in Kontakt zu treten“ – einfach einen ersten Impuls zu setzen – oder auch telefonisch, einfach mal anrufen.
Körpersprache: 7 Tipps für Ihre Wirkung
Der zweite Tipp ist, wenn es eine Beziehung gibt, dass ich diese vertiefe. Es gibt immer etwas zu reden – allein die Frage: „Hi, wie geht’s?“ eröffnet ein unglaubliches Feld an Möglichkeiten und Potenzial. Dass man bereit ist, sich auszutauschen steht hier im Vordergrund.
Mein dritte Tipp ist: Wenn du mit jemandem noch keine Beziehung hast, dann fang an, etwas zu machen. Ein simples Beispiel: Ich schreib z.B. gerade Postkarten an Leute! Weil ich das eine coole Idee finde: Jeder macht ja gerade alles Online (ich ja eh auch), also hab ich mir gedacht, ich werde persönlich. Ich hab dann auch tatsächlich mit Füller meine Grüße draufgeschrieben – und was Wahnsinn war, waren die Rückmeldungen die ich erhalten habe. Also mal Dinge zu tun, die etwas außergewöhnlicher sind. Why not?
Das ist eine tolle Idee – ich hatte auch letztens ein Best Practise Beispiel vom Seminarhotel Retter, die Osterjause verschickt haben – das mit den Postkarten ist genauso eine super Idee, mit Menschen in Kontakt zu bleiben, denn Postkarten haben schon eine ganz besondere Wirkung. Danke für den Tipp!
Das waren ganz tolle Tipps, die eigentlich recht einfach sind und die jeder anwenden kann: Anfangen, Beziehungen vertiefen und aktiv anders oder antizyklisch zu sein, um hervorzustechen – das sollte wirklich jeder umsetzen können! Herzlichen Dank dafür und für das Interview!
Hier finden Sie Stefan Reutter im Netz: stefanreutter.de
Artikel zur PERMA-Formel (karrierebibel.de)
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