Krisenzeiten und Home-Office machen es uns nicht leicht – vor allem dann, wenn die Technik wiedermal nicht mitspielen will. Frustrierend? Kennen wir.
Eva Ullmann ist Expertin für Humor und weiß, wie man Online-Missgeschicke humorvoll umdeuten kann. Hier im Interview verrät sie ihre besten Tipps!
Liebe Eva, Du bist Gründerin des deutschen Instituts für Humor, und für mich auch bekannt als die Expertin für Humor in der Krise. Wann wenn nicht jetzt brauchen wir Humor – gibt es etwas, das du uns vorweg gleich mal empfehlen möchtest?
Vor allem in der Krise brauchen wir Humor um durchzuhalten. 2020 hat ja selbst dem optimistischsten Optimisten bewiesen, dass alles schlechter kommen kann, als man denkt. Ich fange dann oft an, nach ungewöhnlichen Kombinationen zu gucken: Zu Ostern haben wir z.B. drüber geschmunzelt, dass der Osterhase dieses Jahr keine Eier, sondern Klopapier versteckt hat. Dann gab es ganz viele humorvolle aber auch kreative Lösungen, wenn man sich nicht sehen durfte: Z.B. dass Menschen von Dach zu Dach Tennis spielten – da gab es ganz viele ungewöhnliche Überraschungen, die es dann auch in die Presse geschafft hatten, ungewöhnliche Schilder, die auf Demonstrationen hochgehalten wurden oder Witze über die Schwierigkeiten im Home-Office. Humor ist für mich immer auch ein Spiegel dessen, was in einer Gesellschaft gerade passiert. Daher wird es auch immer Humor geben. Ich glaube, er nimmt dabei eine ganz wichtige Ventilfunktion ein, mit der er uns davor bewahrt, auch in schwierigen Zeiten nicht wahnsinnig zu werden.
Mich erinnert das an unsere Zeit als 2–3 Jährige: Unseren Kindern geht es tatsächlich die ganze Zeit so: Sie lernen zu Essen und mit dem Besteck umzugehen, nicht auf den Herd zu fassen, fallen ständig hin und müssen wieder aufstehen. Die sind dauernd dabei, Dinge auch falsch zu machen. Nun ist das natürlich der normalzustand mit 2 oder 3 Jahren, aber eben nicht mehr mit 30 oder mit 60 Jahren. Trotzdem gilt es das aber nicht zu vergessen: Als Kinder hat uns unsere Mutter auch nicht auf den Arm genommen, als wir das erste Mal gestolpert sind, und hat gesagt: „Du bist einfach nicht der Typ fürs Laufen“, sondern wir haben laufen gelernt, weil wir es mussten und eben immer wieder auf die Nase gefallen sind, bis wir es konnten. Von dem her ist Scheitern sehr fundamental für einen Fortschritt. Was ich mir wünsche, oder Ihnen empfehle, ist sich gegenseitig auch für dieses Scheitern zu begeistern, nach dem Motto: „Super, jetzt weißt du ganz sicher, wie es nicht geht – nächstes Mal wirst du was anderes versuchen.“ Das ist für mich eine Grundhaltung.
„Hurra, ein Fehler! Hurra, ein Problem!“
Wir dürfen darüber auch schmunzeln, wir dürfen es übertreiben und dramatischer machen. Es geht zunächst darum, die Perfektionsansprüche runterzuschrauben, die Erwachsene zumeist haben. Wir schließen durch jeden Fehlanlauf auch ganz viele Versuche aus, die nicht funktionieren. Bald werden wir uns viel besser auskennen und eine neue Fähigkeit beherrschen. Ich hab nur den Eindruck, dass die Dosis der Dinge, die wir dieses Jahr neu lernen, einfach um ein Vielfaches größer ist, als sonst. Das macht das ganze etwas unbequemer. Aber ich glaube, dass sich viele dieser neuen Fähigkeiten, die wir momentan lernen und erproben, auch nach Corona noch als wertvoll erweisen werden. Videokonferenzen z.B. sind ein Tool, das vieles vereinfachen kann: Geschäftsreisen und andere Wege können einem dadurch erspart bleiben, die Leute haben mehr Zeit für andere Dinge.
Die zwei größten Techniken für mich sind die Übertreibung und die Inkongruenzen. Die Übertreibung ist das einfachste zu erlernende Mittel: Sie macht Dinge größer, als sie sind. Wenn z.B. das Mikrofon geht nicht, kann man das Problem durch Dramatisierug lustig umdeuten: Ich könnte z.B auf das Mikrofon oder auf meinen Kopf hauen, irgendeine überdramatische Gestik, die die anderen sehen – weil hören können sie mich ja nicht. Das ist für mich ein ganz schöner Effekt, schnell ein Schmunzeln in die Gruppe zu bringen. Oder angenommen, jemand fliegt aus dem Seminar raus und tritt danach wieder bei, hier könnte man dramatisch kommentieren: „Wir haben Sie schon total vermisst und haben schon begonnen, Sie zu suchen! Wollten Sie mit uns Verstecken spielen?“ – also die Dinge erst mal größer machen und den Stress, den Frust, den das technische Scheitern mit sich bringt, durch die dramatische Übertreibung aufzulockern und eine Form von Lächeln zu erzeugen.
Eine Spezialform der Übertreibung ist die Umdeutung. Was ich an dieser Technik mag, ist dass sie auf der einen Seite ganz ungefährlich ist, weil wir sprechen hier von positiven, heldenhaften Umdeutungen. Auf der anderen Seite ist sie sehr handwerklich, man muss dafür nicht besonders humorvoll sein bzw. keine große Begabung für Humor haben und kann sie sich trotzdem Schritt für Schritt erarbeiten. Ein Beispiel dazu: Sie reagieren auf die Problematik, den Bildschirm nicht teilen zu können mit der Aussage: „Oh, da findet mich der Computer so hübsch, dass er das Teilen gar nicht zulässt.“ – und schon haben Sie eine super Umdeutung, die die Situation lockert.
Wenn Sie, liebe Leser, konkrete technische Probleme haben, für welche Sie gerne eine Umdeutung hätten, schreiben Sie mir Ihr Problem einfach unten in die Kommentare und Sie bekommen von uns eine humorvolle Umdeutung! 🙂 Eine vorgefertigte Liste mit den häufigsten Problemen in Online-Meetings und dazupassenden Umdeutungen haben wir außerdem schon vorbereitet und Sie können sie als kostenfreien PDF-Download hier herunterladen.
Das wichtigste bei Umdeutungen: Ich lasse mich selbst und andere gut dastehen, wir machen uns zu Helden, Rittern und Königinnen. Es geht nicht darum, Humor auf Kosten zu machen, also bitte keinesfalls abwertenden Humor verwenden. Auch wenn Sie Ihre Gesprächspartner sehr gut kennen und im Normalfall eine scherzhaft-abwertendende Bemerkung kein Problem darstellen sollte, gilt es in misslichen Situationen, wo ein technisches Problem und der damit einhergehende Frust vorherrschen, besonders sensibel zu sein und lieber auf jeglichen abwertenden Humor zu verzichten. Es geht tatsächlich sehr konkret um den handwerklich aufwertenden Humor. Effektiv ist es auch, ein Kompliment zu benutzen und dadurch das Nicht-Funktionieren zu erklären. Das ist ein ganz schöner Trick für eine Umdeutung. Z.B. wenn das Whiteboard nicht funktioniert, zu scherzen: „Kein Wunder bei so einer schönen Gruppe, da würde ich als Whiteboard wahrscheinlich auch nicht funktionieren, es ist wohl total verliebt in die Teilnehmer.“
Was ich sehr gerne mache ist auch hier wieder die Vorteile aufzuzählen und auf das Heldenhafte im Teilnehmer hinzuweisen: „Jetzt laufen draußen nur mehr Menschen mit Masken rum und hier hab ich einmal die Gelegenheit, Sie ohne Maske zu sehen, für mich wäre das eine Herzlichkeit, mir fehlt Ihre Nähe, ich brauche Sie hier als meine Retterinnen – es wäre toll, wenn Sie die Kamera anschalten, weil dann vergesse ich gleich, dass ich am Rechner sitze.“ Du hast vorhin auch ein super Beispiel gebracht, Magda: „Ich würd so gern Ihre himmelblauen Augen sehen!“ – das fand ich eine schöne dramatische Umdeutung. Oder: „Ihre Stimme würde auch als Radiostimme durchgehen – ich würde Sie trotzdem gern sehen, bitte machen Sie doch die Kamera an.“ Oder: „Der Vorteil von Webcams ist, sie lassen Sie besser dastehen, als Ihr Badezimmerspiegel! Keine Sorge, ich hab alles so voreingestellt, dass ich Sie nur von Ihrer Schokoladenseite sehe.“…
Ich finde den selben Trick auch hilfreich, wenn ich Menschen nach einem Seminar fotografiere, um Eindrücke aufzunehmen. Das finden ja auch viele Menschen unangenehm, die das nicht gewohnt sind. In solche Situationen finde ich diesen unsinnigen Humor genauso hilfreich: „Keine Sorge, ich erwische Sie nur von Ihrer Schokoladenseite.“, „Ich mache nur Fotos, die man in der Vogue einreichen könnte.“ Es geht darum, einfach ein bisschen damit zu spielen, dass man jemanden gut dastehen lässt. Es geht gar nicht darum, dass ich jetzt stundenlang alle Pickel suche oder ein Videomitschnitt mache und den dann im Präsentationstraining vorzeige und ich werde es auch nicht auf Youtube stellen. Es geht primär darum, diese Ängste zu reduzieren. Und dafür sind solche Umdeutungen eine ganz schöne Technik.
Ich denke, dass wir vor allem in Zeiten der Krise umso mehr an den Humor ranrobben müssen als sonst. Wenn es uns gut geht, wenn wir gute Geschäfte machen, gute Jahre haben, mit der Familie alles läuft, wir genug geschlafen haben und auch wissen, mit wem man schläft, wenn also alles einigermaßen sortiert ist, dann ist die Sache mit dem Humor auch einfacher. In Krisenzeiten geht der Humor auch flöten. Was dann natürlich nicht funktioniert, ist Humor oder Lockerheit zu erzwingen, weil wenn wir – gerade in schwierigen Zeiten – zu streng mit uns selbst oder anderen sind, vergeht uns die Lust am Humor umso mehr. Aus diesem Grund lege ich besonderen Wert auf diesen einladenden Charakter des Humors, lustige Geschichten, leichte Bemerkungen, Fernsehsendungen, die zwischendurch auch eine Portion Humor statt nur Tagesnachrichten liefern… Ich brauche was, das mich ansteckt – Humor ist ansteckend. Und wir dürfen uns gegenseitig mit Humor anstecken. Auch wenn Ihre erste Umdeutung vielleicht noch nicht ganz der Burner wird, versuchen Sie es ein zweites Mal, dann beim dritten Mal steigt schon ein anderer Teilnehmer ein, und so robben Sie sich langsam hoch und die Situation wird entspannter.
Herzlichen Dank, Eva Ullmann, für das Interview und die Tipps!
Ich wünsche Ihnen allen noch super Online-Gespräche!
Eva Ullmann erreichen Sie unter:
Deutsches Institut für Humor® Leipzig
Tel: 0341 48 11 848
www.humorinstitut.de
www.diehumorexpertin.de
www.humorinstitut.de/youtube
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